So schaffst du den finanziellen Ausgleich

So schaffst du den finanziellen Ausgleich

SOCIAL MOMS Chefredakteurin Berit im Interview mit Natascha Wegelin, auch bekannt als Madame Moneypenny, über Ausgleichszahlungen, finanzielle Selbstbestimmtheit und den Weg, gemeinsame Ziele klar zu formulieren.

Hast du dir schon mal wirklich bewusst gemacht, was es für dich heißt, in Elternzeit zu gehen – über das unsägliche Mutterglück und die physischen und psychischen Strapazen hinaus? Dank Finanzexpertin Natascha Wegelin, auch bekannt als Madame Moneypenny, ist mittlerweile eine regelrechte Gedankenwelle entstanden, die uns in all ihren unterschiedlichen Facetten vor Augen führt, wie benachteiligt Frauen nach der Elternzeit durch ein klassisches Teilzeitmodell sind. Spätestens dann, wenn sie nach einer Trennung finanziell auf eigenen Beinen stehen müssen.

Natürlich soll die Alternative nicht sein, dass wir es schaffen müssen, die Männer in Elternzeit zu schicken und wir als Mütter mit 40 Wochenstunden weiter durchpowern. Das tut uns genauso wenig gut.

Sondern es geht darum, dass wir uns bewusst machen, dass eventuell ein Ungleichgewicht in der Partnerschaft herrscht, für das es verschiedene Lösungsansätze gibt. Aus ganz unterschiedlichen Gründen schafft es nicht jedes Paar, sich zu Hause, in Beruf, Care Arbeit und Finanzen gleichberechtigt aufzuteilen. “Raus aus der Teilzeitfalle“ bedeutet nicht, dass ein klassisches Rollenverständnis das ultimativ Böse ist und es das größte Glück einer jeden Mutter sein sollte, einen Vollzeitjob anzustreben. Es geht vielmehr um ein Bewusstsein und eine Wertschätzung, der eigenen Leistung gegenüber, die nicht unbedingt finanziell honoriert wird.

Deshalb spreche ich mit Natascha über eine ganz konkrete Möglichkeit, im Kopf und auf dem Konto, eine Gleichberechtigung zu erreichen: Das Thema Ausgleichszahlung. Dieses Wort ist mir zum ersten Mal in einem Madame Moneypenny Podcast über den Weg gelaufen. Obwohl ich mich in meiner eigenen Partnerschaft in einem ziemlich gleichberechtigten Verhältnis sehe, ist es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen gefallen.

Warum ist es nicht völlig logisch und selbstverständlich, dass ein Partner der Mutter, die in Elternzeit geht oder in Teilzeit weniger arbeitet, dafür einen Ausgleich zahlt?

Noch emotionaler wurde ich, als ich in der Madame Moneypenny Community zu diesem Thema plötzlich Kommentare von Frauen las, die diese Option wörtlich damit kommentierten, dass sie von ihrem Partner keine Almosen annehmen. Ganz nach dem Motto, dass es ja schließlich zu ihrer Aufgabe als Mutter und ihrem Schicksal als Frau dazu gehört, dass sie durch Kinder in eine finanziell benachteiligte Position geraten.

Aber was genau bedeutet Ausgleichszahlung in einer Partnerschaft mit Kindern? Wie kann man so etwas konkret umsetzen? Und welche anderen Möglichkeiten habe ich als Mama noch, um mich finanziell nicht selbst zu benachteiligen?

Berit: Liebe Natascha, der Begriff Ausgleichszahlung in der Partnerschaft hat mich ziemlich wachgerüttelt. Ich glaube, weil die Sache eigentlich so naheliegend ist. Was genau bedeutet das in der Realität?

Natascha: Eigentlich ist es genauso einfach, wie es sich anhört. Auch eine Mutter in Teilzeit hat einen Vollzeitjob. Nur dass sie einen Teil im Büro verbringt und den anderen Teil mit den Kindern zu Hause. Für die Care Arbeit bekommt sie nur leider kein Gehalt und somit leidet auch die Rente unter den geringeren Einnahmen. Problematisch wird das Ganze vor allem im Falle einer Trennung. Jede Frau sollte wirklich einen klaren Blick auf ihre finanzielle Situation haben, jetzt in diesem Moment und auch für den Fall der Fälle. Der Mann, der weiter arbeiten geht, Karriere macht und höchstwahrscheinlich durch die wenigen Schwankungen im Lebenslauf auch stetig mehr verdient, bezahlt nicht plötzlich seine Frau dafür, dass sie sich um die Kinder kümmert und ihm den Rücken frei hält. Er sorgt einfach für ihre Absicherung, die sie leider in dem Moment gerade vernachlässigen muss – ohne dass sie jetzt direkt etwas dafür kann. Mit dem Geld geht sie dann ja auch nicht einfach nur Schuhe kaufen und macht sich froh, sondern dieses Geld ist dann auch wirklich als direkte Investition in die eigenen Altersvorsorge zu sehen.

Berit: Mit Männern über Finanzen zu sprechen, ist für viele Frauen keine leichte Aufgabe. Wenn ich jetzt noch damit komme, dass ich ein “Honorar“ dafür möchte, dass ich die Nachmittage mit den Kindern verbringe, dann muss höchstwahrscheinlich zuerst einmal ein grundlegendes Verständnis geschaffen werden. Hast du einen Vorschlag, wie man sich als Partnerin auf ein solches Gespräch vorbereiten könnte?

Natascha: Eine gute Gesprächsvorbereitung ist natürlich das A und O. Geh davon aus, dass es am Ende wahrscheinlich mehrere Gespräche sind und nicht nur eins. Am Anfang willst du ein Bewusstsein schaffen. Vielleicht habt ihr noch nie über Geld geredet. Dein Partner soll sich nicht überrumpelt fühlen. Für die Männer ist das Thema meistens noch weiter weg als für die Frau. Es liegt also in deiner eigenen Verantwortung etwas zu ändern.

Überleg dir: Was ist mein Ziel? Wo will ich hin? Wie könnte ein handfester Vorschlag aussehen? Was mache ich konkret mit diesem Geld? 

Leg deine eigenen Bedürfnisse und Wünsche dar. Ihr habt euch höchstwahrscheinlich beide aktiv dafür entschieden, dass du als Frau in Teilzeit arbeitest. Euch beiden war bisher vielleicht noch nicht bewusst, dass daraus, ein Nachteil für dich entsteht und du finanziell schlechter gestellt bist. Auch wenn die Entscheidung für dich immer noch die richtige ist, ist es eine blöde Situation für dich. Wie könntet ihr nun gemeinsam zu einer Lösung kommen?

Geh davon aus, dass dein Mann wirklich noch nie darüber nachgedacht hat. 

Werde jetzt konkret.

Es sind klare Fakten. Vorher hast du Betrag XY verdient und jetzt Z weniger. Nicht weil du faul bist und den ganzen Tag auf dem Sofa liegst, sondern weil du dich, deine Karriere und Bedürfnisse zurück nimmst und dich um euer Kind kümmerst. Dein Partner kann unterdessen seine Karriere weiter vorantreiben.

Sei dabei etwas vorsichtig mit DU-Botschaften und achte auf deine Formulierung. 
„Ich habe eine neue Erkenntnis, wollen wir nicht mal GEMEINSAM nachdenken.“

Du könntest nun beispielsweise vorschlagen, dass es einen Bargeldausgleich geben könnte. Du hast vielleicht 1000,- Euro weniger, das wirkt sich folgendermaßen auf deine Rente aus. Deshalb möchtest du gerne selbst Verantwortung übernehmen und einen Betrag X, den dein Partner dir überweist, in eine Form der privaten Altersvorsorge stecken. Meine Empfehlung ist natürlich, dieses Geld selbst zu verwalten und zu investieren, damit du deine Finanzen völlig selbstständig und für dich transparent und verständlich verantwortest.

Berit: Jetzt kommt natürlich oft das Argument der verheirateten Männer, dass die Frauen ja etwas von ihren Rentenpunkten abbekommen. Wie kann ich bei diesem Thema direkt die Luft raus lassen?

Wer jetzt sagt, dass das, was du gerade so ausführlich dargelegt hast, ja gar nicht so stimmt, der hat einfach Unrecht. Es gibt kein Gegenargument.

Auch durch die Verschiebung der Rentenpunkte gibt nie einen 100% igen Ausgleich.

Fakt ist: Wer weniger verdient, bekommt auch weniger Rente raus. Punkt, so einfach ist das. 

Das ist einfach ein sehr rationaler Ansatz. Aber bei dem Thema schwingt aber auch noch etwas ganz Emotionales mit: Ich verzichte auf MEINE Karriere! Ich halte dir hier den Rücken frei, damit du Karriere machen kannst. Rentenpunkte hin und herschieben ist das, was man am Ende des Tages auf dem Papier hat. Es ist “Kosmetik”, löst aber nicht das Problem. Dazwischen verzichtet die Frau aber auf sehr viel mehr.

Eine gemeinsame Entscheidung für Kinder mündet letztendlich in einem ziemlich einseitigen Konstrukt. Warum solltest du diejenige sein, die davon die finanziellen Nachteile trägt?

Letztendlich geht es ja auch um Wertschätzung. Die natürlich nicht nur finanziell gezeigt werden sollte.  

 „Es geht nicht darum, dass du ein Taschengeld überwiesen bekommst. Befreie dich von allen Abhängigkeiten. Du legst dieses Geld für deine Altersvorsorge an!”

Berit : Welche Möglichkeiten gibt es noch, einen finanziellen Ausgleich zu schaffen? 

Natascha: Für mich ist das 3-Konten-Modell eine wirklich faire Basis, als Paar im Alltag seine Finanzen zu organisieren. Es verhindert automatisch bestehende Ungleichheiten. Gibt es in einer Partnerschaft unterschiedlich hohe Einkommen, kann man sie folgendermaßen aufteilen.

Es gibt 3 Konten: 1 gemeinsames Konto, darauf gehen beide Gehälter und von dem werden alle gemeinsame Ausgaben getätigt (Miete, Nebenkosten, Essen, Urlaub, Kinder, Notgroschen, Sparrate, Versicherungen usw.). Was am Ende des Monats davon als Rest übrig bleibt, wird auf eure beiden privaten Konten aufgeteilt. Das Verhältnis könnt ihr selbst bestimmen. So wie es in der Literatur besteht, wird eine 50/50 Aufteilung empfohlen. Ihr seid eine Gemeinschaft, darum geht es schließlich. Mit dem Geld auf euren privaten Konten könnt ihr natürlich machen was ihr wollt. Diese Unabhängigkeit ist wiederum auch sehr wichtig. Jedem werden seine persönlichen Prioritäten zugestanden.

Berit: Hast du neben dem 3-Konten-Modell noch ein paar weitere Tipps für Paare , wie sie beim Thema Finanzen einen gemeinsamen Weg finden?

Natascha: Das 3-Konten-Modell ist so simpel und effektiv, dass es schon mal eine gute Grundlage schafft. Generell ist natürlich wichtig, dass man ein grundsätzlich ähnliches Verständnis dem Thema Geld gegenüber hat. Dass ähnliche Dinge wichtig sind und die Idee vom Umgang mit Geld nicht völlig auseinander geht. Wenn der eine ein Sparfuchs ist, dem Sicherheit wichtig ist und der andere ein Künstler, der von der Hand in den Mund in den Tag hinein lebt, dann wird es schwierig.

Es lohnt sich einfach, sich mal zusammenzusetzen und darüber zu sprechen, was mir und meinem Gegenüber wichtig.

Was sind eigentlich unsere gemeinsamen finanziellen Ziele? 

Kinder? Haus? Rente? oder Urlaub? Auto und Hobbies? Wenn ihr ein gemeinsames  finanzielles Ziel habt, könnt ihr jede Ausgabe daran messen. Brauchen wir wirklich ein neues Auto oder wollen wir woanders sparen? Was ist uns wichtig / nicht so wichtig? Diese Dinge offen zu kommunizieren, ist absolute Grundlagenarbeit: Wir legen ein gemeinsames finanzielles Ziel – was müssen wir dafür tun, dieses Ziel zu erreichen – gemeinsam?!

Berit : Also gemeinsam und konstruktiv überlegen, so unangenehm das zwischen so manchen Partnern auch schon mal ist. 

Natascha: Oft sind diese Gespräche dann aber doch eher positiv. Sie sind ja dafür da, präventiv Konflikte zu vermeiden. Es macht ja auch Spaß, zu planen und es kann zusammenschweißen, ein gemeinsames Ziel als Paar oder Familie zu haben. Emotionen sind immer mit unseren Zielen verbandelt.

VON NATASCHA FÜR DICH

Reflektiere zuerst deine Situation für dich, mach dir einen konkreten Plan für ein Gespräch und gehe dann in die Interaktion mit deinem Partner. Lass ihm Zeit, sich mit diesem Thema zu befassen. Denn höchstwahrscheinlich taucht dieser Gedanke nun zum ersten Mal bei ihm auf. Vermeide DU-Botschaften und formuliere klar deine Wünsche.

Foto: Jacqueline Häußler und Schønlein Media