Entwicklung von 4 bis 6 Jahren: Motorik und Sprache

Entwicklung von 4 bis 6 Jahren: Motorik und Sprache

Ihr erlebt gerade eine spannende Zeit. Im Alter von vier bis sechs Jahren machen Kinder große Fortschritte in ihrer Entwicklung. Sie werden immer selbstständiger, motorisch sicherer und auch ihr Wortschatz erweitert sich immens. Wie entwickelt sich dein Kind gerade körperlich? Welche Besonderheiten und Meilensteine stehen auf geistiger, sozialer und emotionaler Ebene an? 

Fortschritte im motorischen Bereich bei Kindern zwischen 4 und 6 Jahren

Besonders im Alter von etwa 4 bis 5 Jahren macht dein Kind große Entwicklungssprünge, was Koordination und Bewegungsabläufe angehen. Die Feinmotorik entwickelt sich, so dass dein Kind nun schon mit Messer und Gabel essen kann. Zumindest wäre es dazu fähig, auch wenn du gerade immer noch daran verzweifelst, dass die Hand einen großen Teil der Mahlzeit in den Mund stopft. Die meisten Kinder sind in diesem Alter in der Lage, auf einem Bein zu stehen und die Balance zu halten. Sie können einfache Haushaltstätigkeiten übernehmen, wenn sie vorher dazu angeleitet werden. Die Augen-Hand-Koordination wird präziser, so dass sie mühelos einen Ball fangen und gezielt wieder zurückwerfen können.

Ist dein Kind 6 Jahre alt, so wird es wahrscheinlich schon Radfahren gelernt haben, kann auch schon eine Schleife binden, Knöpfe und Reißverschlüsse selbstständig schließen. Mit zunehmender motorischer Selbstständigkeit wächst auch das Selbstvertrauen deines Kindes, es spürt: Das kann ich schon alleine und brauche keine Hilfe mehr. Dies hat jedoch auch oft zur Folge, dass es sich ab und an selbst überschätzt und sich Gefahren aussetzt, weil es die Folgen seines Tuns oft noch nicht absehen kann. Gefahrensituationen entstehen dabei häufig im Straßenverkehr, wenn Kinder einem Ball hinterherrennen und dabei die Geschwindigkeit von herannahenden Autos noch nicht abschätzen können.

Bezüglich der motorischen Entwicklung unterstützt du dein Kind vor allem darin, wenn du es zu Bewegung motivierst:

  • Lass dein Kind viel barfuß laufen
  • Spielt Fang- und Hüpfspiele miteinander
  • Besucht Spielplätze zum Klettern, Toben, Balancieren
  • Stellt ein Trampolin auf
  • Geh mit deinem Kind zum Schwimmen
  • Spielt gemeinsam mit einem Ball, einem Luftballon oder einem Hüpfseil
  • Unternehmt gemeinsame Fahrradtouren

Der Fantasie und Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt. Kinder in dem Alter lieben Bewegung und möchten sich austoben. Oft sind die einfachsten Dinge am schönsten, es müssen nicht immer teure Spielgeräte angeschafft werden. Mit Mama und Papa einen Waldspaziergang machen, auf Baumstämmen balancieren, den moosigen Waldboden barfuß spüren: Mit diesen einfachen Dingen unterstützt du dein Kind in seiner grobmotorischen Entwicklung. Hierzu haben wir übrigens auch eine Wunschliste mit Motorikspielen geteilt.

Um die Feinmotorik eures Kindes zu trainieren, könnt ihr als Eltern die unterschiedlichsten Beschäftigungen anbieten:

  • Malen mit Stiften, Pinsel oder Wachsmalkreide
  • Ausschneiden von Formen mit der Schere
  • Steckspiele und Puzzles
  • Fädelspiele mit Schnüren und Perlen
  • Knetmasse
  • Hämmerchenspiel
  • Mikado

Mit diesen Angeboten förderst du nicht nur die Feinmotorik deines Kindes, sondern auch die Konzentration auf eine Sache. Wichtig ist, dein Kind dabei nicht zu überfordern. Du bietest Möglichkeiten und Materialien an und dein Kind wählt selber aus, worauf es gerade Lust hat.

Kognitive Entwicklung und Wortschatz bei Kleinkindern

Im Alter zwischen 4 und 6 Jahren entwickeln Kinder einen nahezu unstillbaren Wissensdurst. Sie hinterfragen ihre Welt, möchten Zusammenhänge wissen und erkennen, dass jede Wirkung auch eine Ursache hat. Die sprachliche Entwicklung ist bis zum 6. Lebensjahr weitgehend abgeschlossen. Der Wortschatz deines Kindes umfasst kurz vor der Einschulung ungefähr 5000 verschiedene Wörter. Dein Kind versteht komplexere Aufforderungen und kann komplexe Sätze mit Haupt- und Nebensätzen bilden. Kinder in dem Alter erzählen gerne Geschichten und können Erlebtes nacherzählen. Hier benutzen sie gezielt Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftsformen.

Mit der Entwicklung der Sprache ist auch die Tatsache verbunden, dass Kinder in diesem Alter oft eine blühende Fantasie haben. Sie hören gerne Geschichten und denken sich gerne selbst welche aus. Wirklichkeit und Fantasie werden dabei oft noch verwechselt und das Kind übertreibt gerne. Dies ist in dem Alter jedoch völlig normal und kein Grund zur Sorge, wenn es im normalen Rahmen bleibt. Durch das Ausleben der Fantasie haben die Kinder Gelegenheit, all die spannenden Erlebnisse des Alltags zu verarbeiten. Hier unterstützt ihr eure Kinder vor allem, wenn ihr euch die Zeit nehmt, ihnen regelmäßig vorzulesen. GrundschullehrerInnen empfehlen das Vorlesen gerne als essentielle Vorbereitung auf die Schule.

Emotionale und soziale Entwicklung

Mit vier Jahren gehören fantastische Wesen wie Hexen, Feen, Zauberer oder Monster zur Lebenswelt des Kindes. Es befindet sich in der sogenannten „magischen Phase“ des Denkens. Dein Kind erklärt sich verschiedene Alltagssituationen noch nicht als die Folge von Ursache und Wirkung, sondern hat häufig magische Erklärungen parat: „Das Auto steht jetzt in der Garage und schläft, weil es müde ist“. Oder: „Mama ist krank, weil ich böse war“. Realität und Fantasie verschmelzen, was dem Kind dabei hilft, sich mit seinen Ängsten auseinanderzusetzen. Die magische Phase kann durchaus bis zum Alter von 6 Jahren reichen und wird erst dann von der Phase des realistischen Denkens abgelöst.

Im sozialen Bereich tauschen sich Kinder viel mit ihren Altersgenossen aus: Sie spielen zusammen, tauschen Spielsachen, lernen zu teilen und Konflikte miteinander zu lösen. Oft ist dazu die Hilfe der Erwachsenen nötig.

Konkret kannst du dein Kind in seiner sozial-emotionalen Entwicklung folgendermaßen unterstützt:

  • Sei ein Vorbild für dein Kind: Du zeigst deinem Kind, wie du selbst Konflikte und Probleme löst oder mit schwierigen Situationen umgehst. Wenn eigene Werte wie Respekt, Toleranz und Empathie gelebt werden, schaut sich dies dein Kind auch von dir ab.
  • Regeln des Alltags mit dem Kind besprechen und sich selber auch daran halten.
  • Positive und negative Gefühle des Kindes gleichermaßen ernst nehmen und darauf reagieren, z.B. durch Trost, Zuspruch, Lob und Bestätigung.
  • Gib deinem Kind die Möglichkeit, Streit und Konfliktsituationen erst einmal selber lösen zu müssen.
  • Deinem Kind bei sozialem und empathischen Verhalten positive Verstärkung geben.
  • Biete deinem Kind die Möglichkeit, mit Gleichaltrigen zu spielen und sich auszutauschen.

In diesem Alter besucht dein Kind in der Regel einen Kindergarten. Neben den Aktivitäten im familiären Umfeld lernt es dort vor allem Sozialkompetenz und Regeln für den Umgang miteinander. Es lernt zu teilen, Konflikte zu lösen, eigene Bedürfnisse zurückzustellen und auf andere einzugehen – wichtige Grundvoraussetzungen für den Schulbesuch und das weitere Leben. 

Foto: Angela Elbing