Mehr Harmonie, weniger Streit an Weihnachten

Mehr Harmonie, weniger Streit an Weihnachten

Wir alle sehnen uns nach Harmonie – nicht nur an den bevorstehenden Feiertagen. Doch Beziehungen sind kompliziert. Persönliche Konflikte können so unterschiedlich sein, aber meist verfolgen alle ein Ziel: sich wieder zu vertragen oder zumindest eine harmonische Zeit zusammen zu verbringen. Auch, wenn einem das manchmal gar nicht so vorkommt. Doch meist will auch der andere (wie du wahrscheinlich selbst ebenso) sich gar nicht streiten! Konflikte entstehen dann viel mehr durch eingefahrene Muster, die es heisst zu durchbrechen. Nicht schon antizipieren, wie der andere reagiert und es dann als selbsterfüllende Prophezeiung sehen, sondern verstehen lernen, warum der andere sich so verhält wie er sich verhält. Sich in den anderen hineinversetzen. Einen Perspektivwechsel vollziehen!

Heute bekommen wir ein paar Tricks und Tipps von Nele Sehrt (Diplom-Psychologin und Autorindes Buches „Liebe passiert, Beziehung ist Arbeit“) für „Mehr Lieben, weniger Leiden“ in verschiedenen Beziehungskonstellationen, die vor allem zu weniger Streit an Weihnachten beitragen können:

Mutter-Tochter

Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter kann sich in hohem Alter verkomplizieren. Gewisse Eigenschaften und Züge werden intensiver. Was also tun, wenn wir als erwachsene, gestandene Frau eine Mutter vorm Weihnachtsbaum sitzen haben, der wir es mit nichts recht machen können und die uns hilflos und traurig macht?

Wir Menschen agieren immer aus Gründen. Wir dürfen nicht vergessen, dass auch Eltern Menschen mit eigenen Geschichten, eigenen Verletzungen sind. Da einmal genauer hinzugucken kann helfen, einen liebevolleren Blick für die Mutter zu entwickeln und damit auch für sich selbst. Die Kriegs- und Nachkriegsgeneration hat selbst meist keine leichte Kindheit gehabt. Das Buch “Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind‘ gehörte zur Standard-Lektüre in vielen Haushalten. Darin empfahl die Ärztin Johanna Haarer, Kinder möglichst bindungsarm und emotionslos zu erziehen. Mütter wurden angehalten, die Bedürfnisse ihrer Kinder gezielt zu ignorieren.

„Wie soll jemand Nähe und Wertschätzung weitergeben, wenn er sie nicht erfahren hat?“

Es lohnt sich zu schauen: Was sind die generationsübergreifenden Familien-Themen? Wie beeinflussen sie mein Leben? Was wurde und wird mir weitergegeben und was gebe ich weiter, ohne es zu wollen?

Sich klarzumachen, dass eine Mutter-Kind-Beziehung aus einem ‚Du‘ und einem ‚Ich‘ besteht, kann helfen, den eigenen Handlungsspielraum zu erkennen und damit auch die Macht zu entscheiden, wie man sich fühlen möchte: als Kind oder erwachsene Frau?“

Geschwister

Wenn in der Geschwisterbeziehung die Rollen fest verteilt sind, wir es uns aber so anders wünschen?

Begebe dich auf Spurensuche!

Mit niemandem sind wir in der Regel so lange verbunden wie mit unseren Geschwistern. Gleichzeitig aber stecken wir mit ihnen oft in alten Kindheitsrollen fest. Um uns als Erwachsene neu zu begegnen, macht es Sinn, alte Muster und Verletzungen zu überwinden.

Oft drehen sich Streitereien um Probleme, die gar nicht oder nur vordergründig existieren – und so tiefer liegende Anliegen kaschieren.

„Was wirklich dabei helfen könnte, mit dem Bruder oder der Schwester ins Gespräch zu kommen, ist erst einmal, deren Meinung über sich und sein Leben nicht als Angriff zu werten.“

Vielleicht schafft man es, sich mitzuteilen, ohne Wut und ohne Vorwurf, und kann sagen, dass man sich vermisst. Vielleicht kann man auch nachfragen: ‚Wie er oder sie bestimmte Äußerungen, die immer wieder fallen, meint?‘ Gefühle und Interesse zeigen, bringt dem Gegenüber zugleich Wertschätzung entgegen. Vielleicht braucht derjenige genau das, um sich ebenfalls zu öffnen. Vielleicht erfährt man so, dass sich der andere Sorgen macht, wie früher, wenn er in der “großen” Geschwisterrolle die Kleine beschützte.

Vielleicht spielt aber auch Neid eine Rolle. Neid auf das Leben des anderen. Die kleine Schwester hat vielleicht schon immer gemacht, was sie wollte, während von der oder dem Älteren, erwartet wurde, vernünftig zu sein. Ich erlebe es in meiner Praxis immer wieder, dass es sich lohnt, sich die eigene Familienstruktur genauer anzusehen. Es kann auf jeden Fall viel dazu beitragen, andere Familienmitglieder besser zu verstehen. Und auch, sich selber näher zukommen.“

Es lohnt sich, Strukturen in der Familie zu hinterfragen.

Partnerschaft

Wenn in einer langen Partnerschaft plötzlich nach Jahrzehnten der Treue das Vertrauen missbraucht wurde, sitzt nicht nur der Schmerz tief, sondern es ist sehr schwer selbiges wieder aufzubauen!

Selbstreflexion ist jetzt wichtig

Wenn die Grenzen einer Beziehung vom Partner massiv verletzt wurden, ist nichts mehr so, wie es einmal war. Wir suchen nach Antworten und Ursachen, um zu verstehen. Doch befriedigende Erklärungen gibt es selten.

„So banal es auch klingen mag: Kontrolle bringt kein Vertrauen.“

Außerdem machen wir uns dadurch nur klein und irgendwann meldet sich der sowieso schon angekratzte Selbstwert. Was vielmehr wirklich hilft, die innere Unruhe einzudämmen, sind Zeit und die Konzentration auf sich selbst. Wie geht es mir? Habe ich mich nicht vielleicht auch manchmal unwohl in der Beziehung gefühlt? Wie wünsche ich sie mir in Zukunft?

Sich den Antworten zu stellen, braucht Mut, womöglich kommen Erkenntnisse zutage, die wehtun. Selbstreflexion bringt aber auch ein gutes Gefühl mit sich: nämlich das, sich selbst wichtig und ernst zu nehmen. So können wir einen Raum in unserem Inneren kreieren, in dem wir uns sicher fühlen. Dort können wir nicht den Halt verlieren, weil wir ihn uns selbst geben.

Wenn das passiert, wenn wir uns selbst sehen, können wir auch den anderen wieder sehen, und ihm unsere Bedürfnisse, etwa nach Ehrlichkeit, mitteilen. Um mit dem Partner in einen ehrlichen Dialog zu kommen, kann es helfen, sich gemeinsam klar zumachen: Wir sind mehr als der Betrug. Er gehört jetzt zu uns, ist aber nicht alles. Zur Aufarbeitung ist es sinnvoll, sich Gesprächsinseln zu schaffen, in denen die Krise Thema ist, um das Wir neu auszuloten – und welche, die frei von diesem Thema sind.“

Vielleicht helfen dir auch unsere Tipps für eine stressfreie Adventszeit um schon entspannter in die Feiertage zu starten?