Wie schafft man den Alltag mit Zwillingen?

Wie schafft man den Alltag mit Zwillingen?

Endlich schwanger! Wie großartig. Wie wird wohl das neue Leben zu dritt? Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und dann erfährt man plötzlich, dass aus einem Baby zwei geworden sind und man sich auf ein Leben als Zwillingsmama einstellen kann. Wie fühlt sich das an, was brauche ich, wie ist es und wie wird es sein? Zwillingsmama Katrin Winkler teilt mit uns ihren ungeschönten, aber liebevollen Bericht über ihren Alltag mit Zwillingen. 

Zwei Köpfe? Das war meine erste Reaktion beim Arzt, als dieser mir schonend beibringen wollte, es seien gleich zwei. Zwillinge. Wir haben uns unglaublich gefreut über diese Nachricht und uns im ersten Moment gar keine Gedanken darüber gemacht, wie es im Alltag mit Zwillingen sein könnte. Gustav und Elise sind heute 4 Jahre alt, kerngesund und eine tägliche Bereicherung unseres Lebens. Aber: Vor allem die erste Zeit mit den Babys war nicht immer leicht.

Die Schwangerschaft: Nichts ist normal

Bei fast jeder der zahlreichen Vorsorgeuntersuchungen und Krankenhausbesuche stellte ein Arzt fest: Irgendein Wert ist nicht in der Norm. Das machte uns als Eltern natürlich Angst. Allerdings werden bei den Untersuchungen die Normwerte für Einlinge zugrunde gelegt – und so ist es ganz normal, wenn beispielsweise die Größe der Kinder in der jeweiligen Schwangerschaftswoche von der Norm abweicht. Im Nachhinein hätte ich mir viele Sorgen und Ängste ersparen können, wenn ich mich nicht von diesen Normwerten hätte verrückt machen lassen. Schlussendlich kamen meine Kinder zum Ende der 39. Woche gesund mit 2400 g und 2200 g zur Welt. Klein aber quietschfidel. Und zwar sehr fidel.

Der wichtigste Tipp von allen: Falsche Vorstellungen ablegen 

Der Alltag mit Zwillingen ist eine unsanfte Landung in der Realität. In der Schwangerschaft sieht man durch die rosarote Brille Mütter, die gemütlich mit dem Baby auf dem Arm im Stadtcafé sitzen, kuschelnd ihren Zwerg stillen oder mit anderen Müttern plaudernd den Kinderwagen schieben. Diese Szenen werden Zwillingsmütter – wenn überhaupt – nur selten erleben, denn für ein Baby-Doppelpack gilt: Einer schreit immer. Wichtig ist es, sich von diesen Illusionen zu lösen und die Lage so zu nehmen, wie sie ist. Die gute Nachricht: Es kommen später viele Situationen, in denen dich andere Mütter um dein Zwillingsglück beneiden werden. Spätestens dann, wenn sie verzweifelt nach Beschäftigungsmöglichkeiten für Kinder bei Regen suchen, während deine Zwerge zusammen im Kinderzimmer Höhlen bauen.

Babyausstattung für Zwillinge: Was brauche ich wirklich doppelt?

Vieles musst du tatsächlich in mehrfacher Ausführung kaufen, um den Alltag mit deinen Babys zu bewältigen. Dazu gehört das Sortiment an Flaschen und Schnullern, Spucktüchern und Kleidung. Wenn du so wie ich ein Pärchen bekommst, empfehle ich, die Alltagskleidung in neutralen Farben zu kaufen. Weiße Bodys, gelbe Strampler. So brauchst du nichts zu sortieren und kannst beim Anziehen alles von einem Stapel nehmen.

Diese Sachen brauchten wir nicht doppelt:

  • Babywippe (Beide Kinder gleichzeitig ablegen, um den Haushalt zu machen? Funktioniert nicht!)
  • Wickelunterlage
  • Spielzeug (Rassel- und Greifspielzeuge sind ohnehin nach wenigen Minuten langweilig und werden getauscht)

Schlafen Zwillinge besser allein oder getrennt?

Wir hatten alles perfekt vorbereitet: Ein Kinderzimmer mit zwei festen Kinderbetten und dazu zusätzlich Stubenwagen mit Rollen, die wir auch zum Beistellbettchen umfunktionieren konnten. In der ersten Woche zu Hause hatte jeder neben seiner Bettseite ein Beistellbettchen mit Baby stehen. Soweit der Plan, den wir nach knapp einer Woche wieder verworfen haben. Gustav schlief weder im Beistellbettchen noch auf Papas Bettseite, sondern ausschließlich in Mamas Arm – vorzugsweise im Sitzen. Er wachte ca. jede Stunde auf und weckte damit den Rest der Mannschaft. So quartierte ich mich mit Gustav aus und wir bauten uns ein Lager im Wohnzimmer. Dadurch bekam jeder nachts das Maximum an Schlaf. Auch als ich später in der Woche mit den Babys allein war, (Papa arbeitete außerhalb) behielt ich diese Schlaftrennung bei.

Müdigkeit: Akzeptieren in dem Wissen, es wird besser

Gustav wachte als Baby alle 45 bis 60 Minuten auf. Er hatte schlimme Koliken und war allgemein ein unruhiges Baby. Schlief er wieder, dann schrie Elise und umgekehrt. Was da noch an Schlaf übrig blieb, ist gefühlt kaum messbar gewesen. Gegen die Müdigkeit habe ich absolut keinen Tipp – ich hatte selbst sehr damit zu kämpfen. Vielleicht nur das: Sie geht auch wieder vorbei.

Ich hab‘ Hunger. Ich auch! Tipps fürs gleichzeitiges Füttern

Da mein Mann nach seiner Elternzeit wieder außerhalb gearbeitet hat, war ich viel allein mit den Babys und musste Wege finden, mich zu vierteilen. Etwa nach 4 bis 5 Monaten hatten wir einen festen Rhythmus und beide Babys hatten immer gleichzeitig Hunger. Da es mit dem Stillen leider nicht geklappt hat, habe ich rechtzeitig die Fläschchen vorbereitet, die Maxi-Cosis mit Tüchern ausgelegt und den Babys darin die Flasche und später den Brei gegeben. Auch hier gilt: Das Idealbild vom gemeinsamen Kuscheln auf der Couch mit Fläschchengeben zur Seite legen. Deine Babys haben Hunger – und zwar jetzt.

Wickeln aber nicht auf der Kommode

Die Wickelkommode habe direkt abgeschafft, als mein Mann wieder arbeiten war. Es war mir viel zu gefährlich, ein Kind auf dem Wickeltisch zu haben, während sich das andere irgendwo stößt oder anderweitig Hilfe braucht. Ich habe mir eine Wickelecke auf dem Fußboden des Kinderzimmers eingerichtet. So hatte ich beide Babys immer in Griffweite.

Spazierenfahren: Aus dem 2. Stock in den Kinderwagen und wieder zurück

Wir wohnten im zweiten Stock. Das bedeutete für die Spazierfahrten: Babys anziehen, runter zum Kinderwagen und später auch wieder hinauf. In den ersten Wochen ist es noch möglich, sich die Wickeltasche umzuhängen und sich links und rechts ein Baby unter den Arm zu stecken. Mit zunehmendem Alter und Gewicht muss eine neue Lösung her. Und wieder kam der Maxi Cosi zum Einsatz, in dem Baby 2 sicher festgeschnallt auf dem oberen Flur gewartet hat, bis Baby 1 ebenso sicher im Kinderwagen verstaut war.

Fazit: Wie meistere ich meinen Alltag mit Zwillingen

Ich glaube, das Wichtigste ist, sich als Zwillingsmutter nicht mit anderen Müttern zu vergleichen und keine zu hohen Ansprüche an sich selbst zu stellen. Während andere Muttis begeistert von ihren Krabbelgruppen, Schwimmkursen und Pekip-Treffen berichtet haben, habe ich es nur zweimal dorthin geschafft. Die Kinder rechtzeitig anzuziehen und sie im Doppelpack gewickelt und gefüttert zu einem Termin zu bekommen, lag außerhalb des Möglichen. Vieles ist oder wird auch aber leichter im Alltag mit Zwillingen – zum Beispiel die Eingewöhnung in der Kita, die bei uns vollkommen problemlos verlief. Es ist rührend mit anzusehen, wie eng verbunden sie beide miteinander sind, sich gegenseitig umeinander kümmern und dem anderen die Hand halten, wenn er hingefallen ist. Allein das ist jede Minute mehr Wachsein in der Nacht schon wert gewesen.