Der Einfluss von Instagram auf deine mentale Gesundheit

Der Einfluss von Instagram auf deine mentale Gesundheit

Social Media: Ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite können Kanäle wie Instagram, Facebook und Co. sehr inspirierend sein, unsere Kreativität wecken, uns Anregungen für die verschiedensten Lebensbereiche geben, uns mit Menschen auf der ganzen Welt verbinden. Auf der anderen Seite können die hübschen Bilder von perfekten Menschen an perfekten Orten im falschen Moment unser Unwohlsein bestärken, uns traurig machen, den Wert des eigenen Lebens schmälern, uns depressiv verstimmen. C’est la vie? Nee. Denn dagegen können wir etwas tun.

Instagram und mentale Gesundheit: Fly high and fall down

Es beginnt meist kurz nach dem Aufstehen: Der Klick auf die Kamera, der Scroll durch den Feed, das Swipen durch die Storys von Menschen die man kaum bis gar nicht kennt. Eine hübscher Frühstücksteller jagt die nächste Superfood-Bowl, ein Outfit das nächste Make-Up-Tutorial und inzwischen auch wieder ein Bikinikörper die nächste Urlaubsregion zum dahinschmelzen. Hach wie schön das Leben sein kann.

Mit dem dunklen Bildschirm klopft die Realität an. Butterbrot mit Loch, weil die Butter mal wieder zu hart ist, um streichbar zu sein. Der Obstsalat fliegt über den Küchentisch, das Kind schreit, der Obstfleck ruiniert das Tagesoutfit und letztlich die Speckrolle die Option auf den Bikinikörper am eh nicht so fancy aussehenden Beckenrand des hiesigen Schwimmbades. Bis zum Urlaub sind es noch Wochen, auch wenn er eigentlich überfällig ist. Jetzt machen die schönen Bilder plötzlich traurig.

Wenn Instagram nur noch schlechte Laune macht

Denn nicht immer sorgt Instagram für Inspiration. Nicht bei jedem löst der Blick ins soziale Medium ein Hochgefühl aus. Studien belegen, dass die Betrachtung schöner, erfolgreicher Menschen kontraproduktiv sein kann, wenn man sich in einer depressiven Phase befindet. Lisa hat es sogar depressiv verstimmt. “Irgendwann hat mir Instagram nur noch schlechte Laune gemacht. Alles, was ich dort gesehen habe, war für mich so fern wie nur eben möglich und entsprach auch nicht der Realität, der ich im wahren Leben begegnet bin.”

Das ist ganz und gar nicht verwunderlich, weiß Lena Kuhlmann. Die Psychotherapeutin und Bestseller-Autorin kennt die Gefahr, die Soziale Medien mit sich bringen. “Dort werden auserlesene Momente gezeigt, um damit die eigene Reichweite und Sichtbarkeit zu steigern”, sagt die Frankfurterin. Dass das für eine Verstimmung sorgen kann weiß sie aus ihrer Praxis. “Die Folge, nämlich dass die Eigenwahrnehmung surreal wird und man sich in seinem eigenen Körper nicht mehr wohlfühlt, gibt es nicht erst seit Instagram. Der Vorläufer ist Plakatwerbung. Dort wurden uns schon vor mehr als zehn Jahren Bilder von perfekten und sehr unrealistischen Körpern gezeigt.”

10 Likes, 100 Likes, 1.000 Likes – wieviel Likes sind genug Anerkennung?

Ein Social Media Phänomen ist jedoch das Streben nach Aufmerksamkeit und die Abwärtsspirale, die positives Feedbacks auch mit sich bringen kann. “Erhalte ich viele Likes und tolle Kommentare möchte ich das wieder und wieder erreichen und verliere die Relation. Wie viele Likes sind dann noch genug?” Auch kann die Nutzung blind machen vor der Marketingmaschinerie, die bei großen Influencern oft dahinter steckt. Denn Likes sind nicht gleich Likes – manche sind erkauft, manche durch Strategien erarbeitet. Der richtige Standort, der Hashtag des Tages, oder Hashtags, die Kommentare im Gegenzug zu Kommentaren anbieten, können die Anzahl der Likes schnell in die Höhe treiben. Aber ist das noch ein Like im eigentlichen Sinne?

“Das ist eine Gefahr gerade für junge Mädchen, die sich von diesen Zahlen unter Druck setzen lassen. Dabei stehen gerade bei großen Profilen oft Redaktionspläne dahinter. Instagram ist teilweise eine andere Form des Modemagazins”, sagt Lena Kuhlmann. Gerade instabileren Persönlichkeiten, die auf der Suche nach etwas sind, kann das zum Verhängnis werden. Wer zu tief eintaucht ist womöglich irgendwann nur noch auf der Suche nach dem perfekten Hintergrund und vergisst die Realität. Nicht umsonst ist Instagram auch ein Job. Ein sehr zeitintensiver.

Und plötzlich zieht ein Shitstorm auf

Zugleich schwingt bei jedem publizierten Bild die Angst mit. Ist ein Bild vielleicht nicht schön genug, der Bauch zu dick, die Haut zu picklig könnte es wenig Likes und im schlimmsten Fall beleidigende Kommentare geben. Den auch Hasskommentare und ganze Shitstorms werden aus den Sozialen Medien heraus produziert. “Positives Feedback kann umschwingen. In einen Shitstorm will keiner”, sagt Lena Kuhlmann und erzählt, dass auch sie schon negative Kommentare erhalten hat. “Natürlich macht das was mit einem. Man sollte daher versuchen, dem nicht so viel Raum zu geben – zum Beispiel in dem man auf solche Kommentare nicht näher eingeht. Lass das Paket bei denen. Ich weiß, es ist einfacher gesagt, als getan.” Und es geht noch viel schlimmer. Zum Beispiel wenn eine Meinungsäußerung zu Mobbing führt. Dafür gibt es genug prominente Beispiele.

Eines ist die Sängerin Lena. Seit ihrem ESC-Sieg 2010 steht sie im Rampenlicht und ununterbrochen unter der Beobachtung von Millionen von Menschen die mit ihren Meinungen nicht hinterm Berg halten. In ihrem neuen Song “Strip” rät sie zu einer egalitären Haltung und dazu mehr das zu tun, worauf man Lust hat – egal, was die anderen denken oder sagen. Und Recht hat sie.

So schützt du deine Gesundheit und kannst wieder Spaß auf Instagram haben

Doch das aktiv umzusetzen ist meist gar nicht so einfach. Lisa hat inzwischen ihren gesamten Instafeed umgestellt. “Ich bin konsequent jedem Profil entfolgt, bei dessen Inhalten ich mich schlecht gefühlt habe. Irgendwann war mein Feed noch immer erstaunlich voll aber voller positiver Menschen, die ich persönlich kenne oder inspirierend finde. Jetzt macht Instagram mir wieder richtig viel Spaß.” Ein solches Verhalten kann Lena Kuhlmann nur befürworten. “Wir sollten immer wieder prüfen, was uns gut tut. Das gilt natürlich für alle Lebensbereiche.” Wer nicht so weit ist wie Lisa, für den hat Lena ein paar weitere Tipps für Instagram:

“Es hilft häufig schon die Nutzungszeit zu hinterfragen. Aber man kann zum Beispiel auch die Reaktion ausstellen, sein Profil auf privat schalten und inzwischen sogar die Anzeige von Likes abschalten. Das heißt: Niemand sieht mehr ob das Bild nun 5 oder 5.000 Leuten gefällt.” Sie erzählt von großen Profilen, die diesen Schritt trotz großer Reichweite und Einnahmen gegangen sind – um Vorbilder zu sein und anderen Mut zu machen, es ihnen gleich zu tun. Eine tolle Geste.

Instagram hat auch viel Gutes zu bieten

Und auch das gehört zu Instagram. “Man kann dort tollen Profilen folgen. Es gibt viel Gutes auf Instagram. Und was auch wichtig ist: Man findet dort Gleichgesinnte.” Deswegen rät sie Eltern auch dringend davon ab, die Nutzung Sozialer Medien pauschal zu verbieten, denn auch die sind inzwischen ein Teil der Gesellschaft. “Viel wichtiger ist es zu Fragen und zu Reden. Wem folgst du und warum?”, sagt Kuhlmann und spricht über einen begleitenden Medienkonsum, aber auch über die Vorbildfunktion: “Wie richte ich mein Leben aus? Habe ich selbst ständig mein Handy in der Hand?”

Vor dem Schlafengehen ist der Social Media Konsum übrigens keine gute Idee. Selbst erlebt man es oft, dass aus den eigentlichen zehn MInuten schnell eine Stunde voller Scrollen und Wischen werden kann – auch weil während der App-Nutzung keine Uhrzeit angezeigt wird und viele Sinne gleichzeitig angesprochen werden und den Körper aktiv halten. Die Nutzung vor dem Schlafen einfach zu verbieten, ist jedoch keine gute Idee. Viel wichtiger ist es, Alternativen aufzuzeigen. “Man könnte zum Beispiel den Tag reflektieren und so gleich spielerisch die Selbstreflexion erlernen. Das beginnt bei ganz banalen Sachen, wie der Frage “wie geht es dir auf einer Skala von eins bis zehn” oder “was war heute gut?” und so weiter”, erzählt Kuhlmann.

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Auch eine gute Möglichkeit um bei sich selbst die Reflexion zu erlernen. Hierzu hat Lena übrigens ein Buch geschrieben. In “Eine gute Frage” hat sie 100 therapeutisch fundierte Fragen gesammelt, die dabei helfen können, sich selbst zu reflektieren. Denn das ist die Basis, um mich sich im Reinen sein zu können.

Der Blickwinkel auf Instagram ist entscheidend

Außerdem hilft es für einen nüchternen Blick. “Wenn ich mir bewusst bin, dass Instagram auch eine Werbeplattform und ein Mittel zum Zweck ist um verschiedene Dinge zu promoten, kann ich die Plattform viel neutraler Nutzen”, sagt Kuhlmann. Sie rät dazu, auch keine Scheu davor zu haben, beim eigenen Profil aufzuräumen und Profilen zu entfolgen, die einem nicht gut tun. “Das ist manchmal auch eine zwischenmenschliche Herausforderung, weil man Angst vor der Konfrontation hat.” Bei den meisten großen Profilen wird diese ziemlich sicher ausbleiben.

Wenn jedoch der Schulfreund oder die Arbeitskollegin die direkte Frage stellt: “Warum folgst du mir nicht mehr?” kann es unangenehm werden. “Natürlich gibt es Leute, denen das viel bedeutet. Aber jeder versteht es, wenn man erklärt, dass es einem persönlich momentan nicht guttut und man sich eher schlechter als besser fühlt”, sagt Kuhlmann.

Dass so ein Gespräch unangenehm werden kann, weiß auch Lisa. “Ich hatte so ein Gespräch mit meiner Kommilitonin. Zuerst rutschte mein Herz mir in die Hose und ich fühlte mich schlecht. Aber ich habe es ihr erklärt und letztlich hat sie es auch verstanden. Wir sind noch immer befreundet – offline. Und das ist am Ende auch viel wichtiger als auf Social Media.” Recht hast du, liebe Lisa.

P.S.: Auch kleine Übungen und Rituale können helfen, etwas für dich und deine mentale Gesundheit zu tun. Zu diesem Thema haben wir mit Vereinbarkeitscoach Luisa Hanke gesprochen und sie hat uns zahlreiche Tipps mit auf den Weg gegeben, wie wir uns eine gesunde Routine für den Tag schaffen. Fünf Minuten am Morgen können helfen den Tag zu strukturieren und die Achtsamkeit zu schärfen. Und übrigens: Luisa ist kein Fan von überladenden To-Do-Listen und rät in unserem Artikel dazu mit kleinen Zielen zu starten – so gibt es auch mehr zu feiern 😉 Hier gelangst du zum Artikel.